Arten der Destillation (4)


Aufsteigende Destillation

Als aufsteigende Destillation wird jede Destillation bezeichnet, bei der das behandelte Material einen nach oben gerichteten Weg zurücklegt. Die Beschreibungen der Gerätschaften im vorhergehenden Kapitel beziehen sich alle auf diese Form. Jedes in der modernen Wissenschaft als Destillation bezeichnete Vorgehen ist nach alter Vorstellung aufsteigend.

Absteigende Destillation

Die einfachste und häufigste Form der absteigenden Destillation ist die Filtration.
Im Gegensatz zur aufsteigenden Destillation geht man bei der absteigenden immer davon aus, dass die verarbeiteten Substanzen einen Weg nach unten gehen. Neben dem Filtrieren sind auch andere Durchführungen denkbar. Eine Möglichkeit kann durch zwei Kolben erreicht werden, die ganz oder zum Teil vergraben werden. Die zu behandelnde Substanz befindet sich in dem oberen der beiden Gefäße. Um diesen Kolben (wenn er aus der Erde herausragt) oder über ihm (wenn er zur Gänze vergraben wurde) wird nun ein Feuer bereitet. Die Wärme erhöht den Druck in den Behältern und presst die Flüssigkeit(en) aus dem Material. Das Destillat sammelt sich in dem unteren Gefäß. In alter Zeit wurde auf diese Art beispielsweise das Wacholderöl bereitet.
Die Natur als Lehrmeisterin des Alchimisten.
Der Alchimist wird von der Natur in Gestalt einer schönen Frau belehrt.
Werden die Gefäße nicht in Erde, sondern in Asche oder Sand vergraben, erreicht man eine ähnliche Kontrolle über die Hitze wie bei den beschriebenen aufsteigenden Destillationen.
Eine weitere Art der absteigenden Destillation ist das sogenannte "Saigern". Antimonerz wurde beispielsweise auf diese Weise aus dem Berg geholt. Bei diesem Vorgehen wird im Bergwerk Feuer gesetzt. Die Hitze schmilzt das Antimon aus den umgebenden Mineralien, es fließt ab. Dabei entsteht das aus der Homöopathie bekannte "Antimonium crudum".
Statt dem Feuersetzen im Berg waren auch Konstruktionen im Gebrauch, in die das Erz gegeben werden konnte. Die angewandte Hitze führt zur Schmelze. Durch Löcher in den Röhren oder Gefäßen in denen sich das Erz befindet fließt das flüssige Metall ab und kann aufgefangen werden.

Dem Einfallsreichtum der Alchimisten bei ihren Operationen waren kaum Grenzen gesetzt. Speziell verfertigte Öfen und Gefäße, Anordnungen die Sternbildern entsprechen, Arbeitsabläufe, die über Jahre hinweg peinlich genau ausgeführt werden, jeder Handgriff war wichtig und entwickelte sich aus Vorstellungen und Beobachtungen.
Jeder Arbeitsweise liegt der Versuch zu Grunde, der Natur ihre Geheimnisse abzuschmeicheln, ihre Rhythmen und Vorgänge zu begreifen und im Labor nachzuerleben. Durch die Beobachtung der Kreisläufe des Wassers, dem Verdunsten, Sammeln in den Wolken und Abregnen mag einst die Destillation entdeckt worden sein.
Die angeführten Beschreibungen haben also eher beispielhaften Charakter. Neben genau vorgegebenen Arbeitsweisen sollte Intuition, Erfahrung, Phantasie und eigene Beobachtung nie ausgeschlossen werden. Erst die Durchführung der eigenen Ideen zeigt, ob die Annahmen auf Irrtümern basieren oder zu einer wirksamen Form der Verwandlung führen.

 
 
 
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